Montag, 28. Februar 2011

Welchen Wert haben Umfragen im Netz bei politischen Themen?

Eine der Parteien in unserer Heimatstadt hat auf ihrer Homepage einen Onlinefragebogen zu einem der strittigen Neubauthemen in Borgholzhausen geschaltet um auf diese Weise einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten.

Zum Fragebogen 'Soll Ihrer Meinung nach der Hardenberg bebaut werden?' der SPD

Nun stößt man im Netz permanent auf Fragebögen, in denen man seine Meinung zu unterschiedlichsten Themen mit einem Klick kundtun kann. Nichts ungewöhnliches also.

Ein Problem wird ein solcher Onlinefragebogen aber dann, wenn sein Ergebnis in einen politischen Meinungsbildungsprozess eingebracht und dabei sein Ergebnis unhinterfragt akzeptiert wird. Vor allem wenn – wie in diesem Fall – der Fragebogen mit einfachsten technischen Mitteln umgesetzt wird.

Meiner Ansicht nach ist der Fragebogen in seiner jetzigen Form weitestgehend wertlos und das gerade angezeigte Ergebnis nach ca. 2.600 Stimmabgaben:

  • Ja, warum nicht?  20%
  • Ja, auch mit einen neuen Markt. 26%
  • Nein, auf keinen Fall.  48%
  • Wenn überhaupt nur Wohnbebauung. 1%
  • Mir egal 2%

kann von jeder beliebigen Person bis zum geplanten Abstimmungsende am 6.3. in jede beliebige Richtung verzerrt werden. Warum das so ist und wie man es vielleicht besser machen könnte, darum soll sich der Rest des Textes drehen.

On the Internet, nobody knows you’re a dog

Das Hauptproblem dieser Art von Fragebogen liegt in der Anonymität des Internets: Die Personen, die einen Fragebogen ins Netz stellen, wissen nicht wer auf ihre Webseiten klickt.hund_im_netzx Oder um ein altes Netzsprichwort zu zitieren: ‘Im Netz weiß niemand, dass Du ein Hund bist’ (Quelle).

Eigentlich ist die Anonymität im Internet bei solchen Befragungen sehr nützlich: Da niemand fürchten muss mit seiner Meinung in Verbindung gebracht zu werden, kann man eine höhere Beteiligung und vielleicht auch eine ehrlichere Stimmabgabe erwarten, ganz wie bei einer richtigen Wahl mit Urne und Wahlkabine.

Aber die Anonymität hat einen Nachteil, der die Vorteile überwiegt: Da der Fragebogen (bzw. das technische System dahinter) nicht erkennen kann wer ihn ausfüllt, kann eine mehrfache Stimmabgabe nicht wirksam verhindert werden. Und während niemand auf die Idee kommen würde sich bei der Bundestagswahl gleich mehrere Stimmzettel vom Stapel zu nehmen (er/sie würde daran auch hoffentlich von den Wahlhelfern gehindert), kann jeder bei einer Internetumfrage so oft abstimmen bis das Ergebnis passend ist oder ihn die Lust verlässt.

Der einzige Ansporn ‘anständig’ zu wählen sind die jeweiligen moralischen Maßstäbe und die kleine technische Hürde, die sich leicht überwinden lässt:

Kleiner Umfragefälscherleitfaden für Anfänger

Der bei der Hardenberg-Umfrage verwendete Gratisdienst verhindert – wie die meisten derartigen Dienste – scheinbar die mehrfache Stimmabgabe: wenn man mit seinem Webbrowser den Fragebogen später erneut besucht, sieht man nur das aktuelle Ergebnis, findet aber die Auswahlmöglichkeit nicht mehr vor. Also hat sich der Fragebogen doch gemerkt, dass man schon abgestimmt hat. Aber wie macht er das?

Der Fragebogen hinterlässt dazu im eigenen Webbrowser ein kleines Datenpaket, einen sogenannten Cookie (engl. für Keks), der ihm sagt, dass man schon abgestimmt hat.  Der einfachste Test ist es jetzt den Fragebogen noch einmal von einem anderen Rechner aus aufzurufen und voila, man kann ein zweites Mal abstimmen. Oder man installiere noch einen anderen Webbrowser auf seinem PC. Und schon kann man drittes Mal abstimmen. Und ein viertes, fünftes, sechstes Mal.

Aber es geht auch schneller und mit weniger Mühe als mit einem Rechnerwechsel oder einer Softwareinstallation: Man muss einfach nur den Cookie des Fragebogens im eigenen Browser löschen. Wie das geht, kann man für jeden Browsertyp leicht über eine Internetsuche herausfinden. Ein noch einfacherer Weg sind die Möglichkeiten zum anonymen Surfen die Browser wie Firefox oder Chrome bieten. Hier kann man so oft abstimmen wie man will. Ein oder zwei Dutzend Abstimmungen lassen sich so in einer Minute schaffen, die Zeit eines langweiligen Tatorts sollte damit reichen um der eigenen Meinung im Umfrageergebnis ein ordentliches Gewicht zu verleihen.

Umfragefälschung für Profis

Aber das ist noch nicht das Ende: Wenn jemand etwas tiefer gehendes technisches Verständnis hat, so kann er sich leicht ein kleines Programm erstellen, welches automatisiert abstimmt. Dabei kann man so vorgehen, dass die ‘Abstimmung’ langsam vor sich geht und nicht weiter auffällt. Höchstens dadurch, dass irgendwann einmal mehr ‘Personen’ abgestimmt haben als Borgholzhausen Einwohner hat.

Fazit: Die Umfrage wird ein beliebiges Ergebnis haben

Die gerade beschriebenen Wege zur Überwindung der Fragebogentechnik sind keine besonders raffinierten Tricks oder gar illegal. Es gibt auch eine genügend große Anzahl von Personen, die auf diese Weise mit Internetseiten umgehen können. Selbst wenn es nur eine einzige Person gibt, die über die notwendigen technischen Fertigkeiten verfügt (und selbst im Nest Borgholzhausen gibt es entsprechend kompetente Personen) so ist die Aussagekraft des Fragebogens komplett in das Belieben dieser einen Person gestellt, und nicht wie es eigentlich sein sollte in das der kompletten Bürgerschaft.

Das Ergebnis des Fragebogens – sowohl das aktuelle wie auch das endgültige - erlaubt daher keinerlei Rückschlüsse auf das tatsächliche Meinungsbild in der Bevölkerung, zumindest kann man von niemanden ernsthaft erwarten, das Ergebnis der Umfrage anzuerkennen. Damit ist sie für eine politische Meinungsbildung ungeeignet.

Wie könnte man es besser machen?

Bei allen Onlinebefragungen gibt es immer das Spannungsfeld zwischen den Aspekten:

  • Anonymität der Beteiligung,
  • Zuverlässigkeit der Abstimmung,
  • Aufwand und nicht zuletzt der
  • Repräsentativität

In der Hardenberg-Umfrage ist die Anonymität hoch und der Aufwand niedrig, aber die Zuverlässigkeit wie beschrieben zu gering. Im Bereich der professionellen Evaluierungen, in denen sowohl Anonymität als auch Zuverlässigkeit hoch sein müssen, wird oft mit Fragebögen gearbeitet, die eine pseudonyme Nutzung ermöglichen: Dazu erhält jeder potentielle Teilnehmer einen eigenen Schlüssel, der aber vorher verteilt werden muss. Hier ist also der Aufwand entsprechend hoch.

Als Alternative zu solchen Arten der Befragung findet man heute immer stärker Gruppen in sozialen Netzwerken wie Facebook: Die Abstimmung erfolgt hier einfach durch das Anklicken von ‘Gefällt mir!’ an der entsprechenden Stelle. Hier ist recht zuverlässig sichergestellt, dass eine Person nur einmal abstimmt. Allerdings sind dafür die Hürden für die Teilnahme viel höher: nicht nur ist eine Mitgliedschaft im entsprechenden Netzwerk notwendig, zusätzlich müssen die Abstimmenden bereit sein ihre Einstellung zumindest ihrem Umfeld im Netz öffentlich zu dokumentieren.

Ganz grundsätzlich muss man schließlich bei reinen Onlinebefragungen weiterhin die Repräsentativität in Frage stellen, denn für wesentliche Teil der Bevölkerung ist es noch nicht selbstverständlich sich im Netz zu bewegen, selbst wenn ein Internetzugang vorhanden sein sollte.

Von daher ist die Zeit für Onlineumfragen im politischen Bereich einfach noch nicht gekommen.

Samstag, 26. Februar 2011

Javascript Performance von Android Browsern

Nachdem ich in der vergangenen Woche die Zukunftsaussichten von Firefox unter anderem deshalb bezweifelt hatte, weil die Unterstützung der Mobilplattformen so schlecht scheint, überrascht uns Mozilla in dieser Woche mit einer neuen Beta Version von der die Firefox Entwickler selbst behaupten, sie würde den mit Android mitgelieferten Browser in allen Javascript Tests schlagen, in einigen dabei sogar sehr deutlich. Da vorgestern Abend endlich das Gingerbread Update auf mein Nexus One kam will ich das einmal selbst testen.

Bei den Tests habe ich zum Vergleich meinen aktuellen PC Browser ganz an den Anfang gestellt und noch ein paar andere Android Browser zum Vergleich hinzugezogen. In allen Fällen wurden die Tests jeweils mindestens drei Mal ausgeführt und das beste Ergebnis genommen. Die Tests mit den Android Browsern wurden dabei in einem Rutsch auf dem Nexus One gemacht, es wurden keine anderen Apps in der Zwischenzeit gestartet.

Browser/JS Test SunSpider v 0.9.1
(kleiner ist besser)
V8 v 6
(größer ist besser)
Chrome 10.0.648.119 auf PC mit Win XP mit Intel Core i5 CPU, 2,53GHz, 3GB RAM (Batteriebetrieb)
318 ms

7815
Android 2.3.3 Stock Browser 5599 ms 226
Firefox 4 Beta v 4.0b5 2843 ms 380
Opera Mini v 5.1.1 Bleibt mittendrin hängen Nicht ausführbar oder extrem langsam
Dolphin HD v 4.3.0 5534 ms 214
Skyfire (beta)  v 3.2.1 5781 ms 199
Mirren v 1.2 5302 ms 232

Zwar hatte ich einige Probleme damit den Firefox überhaupt zur Ausführung des V8 Tests zu bewegen (oft blieb der Bildschirm leer und andauernd kommt ein Warnfenster hoch), aber das Ergebnis ist in der Tat eindeutig: Der Firefox schlägt sich in den Tests hervorragend.

Wenn bald die stabile Version in den Market kommt und dabei kleinere Fehler wie das unglückliche Rendering von kleiner Schrift beseitigt werden könnte Firefox davon profitieren, dass es für Google auf Grund der Fragmentierung von Android keine richtige Möglichkeit gibt den mit dem Betriebssystem verbundenen Browser zu aktualisieren. Hier könnte es viele Besitzer von Android Geräten mit früheren Versionen reizen tatsächlich den Wechsel zu machen.

DSC_0650

Und hoffentlich motiviert Firefox Google auf diese Weise dazu neben all den anderen Android Themen auch noch an seinen Browser zu denken:)

Sonntag, 20. Februar 2011

Hat Firefox eine Zukunft?

“For the first time in years, energy and resources are being poured into browsers, the ubiquitous programs for accessing content on the Web. Credit for this trend—a boon to consumers—goes to two parties. The first is Google, whose big plans for the Chrome browser have shaken Microsoft out of its competitive torpor and forced the software giant to pay fresh attention to its own browser, Internet Explorer. Microsoft all but ceased efforts to enhance IE after it triumphed in the last browser war, sending Netscape to its doom. Now it's back in gear. “ - Rich Jaroslovsky in der Business Week vom 25.02.2010.

Wirft man einen Blick in die aktuellen Webbrowser Nutzungsstatistiken von StatCounter für Europa, so sieht man etwas Bemerkenswertes:

Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share

Im vergangenen Dezember hat Firefox zum ersten Mal seinen alten Rivalen – den Internet Explorer von Microsoft – überholt! Zwar sieht die weltweite Statistik noch anders aus und in anderen Statistiken wie denen von Net Applications nimmt sich der Anteil von Firefox bescheidener aus, aber trotzdem ist das ein enormer Erfolg, wenn man an die absolute Dominanz des IE denkt, die die Mozilla Gemeinschaft Schrittchen für Schrittchen gebrochen hat. Ist also alles Gut im Hause Firefox?

Stillstand ist Rückschritt

Wenn man sich den weltweiten Verlauf der Browserverteilung für die vergangenen 12 Monate anschaut, so ist neben dem permanenten Fallen des IE Marktanteils und dem ungebrochenen Aufstieg von Google Chrome vor allem die Stagnation des Firefox Anteils auffällig:

Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share

Offenbar gehen die vom IE verlorenen Marktanteile nicht mehr wie in früheren Jahren direkt auf Firefox über, sondern im wesentlichen an Chrome. Wie dieser Wechsel tatsächlich vor sich geht kann nur vermutet werden, aber da Chrome in technisch orientierten Webseiten einen noch höheren Marktanteil hat kann man vermuten, dass weiterhin ein signifikanter Wechsel von IE Nutzern zum Firefox stattfindet, gleichzeitig aber Firefox bei den Nutzern, die viel im Web unterwegs sind, an Chrome verliert.

Die Frage ist an dieser Stelle welche Konsequenzen sich daraus für eines des besten Beispiele für erfolgreiche Open Source Produkte ergeben. Steht Firefox ein massiver Absturz bevor, sobald Microsoft mit dem IE 9 herauskommt und Google sein ChromeOS veröffentlicht?

Microsoft nahm Firefox nie ernst und wird es auch nie tun

Warum hat Microsoft in den vergangenen Jahren eigentlich mehr oder weniger untätig zugesehen, als der Marktanteil des eigenen Browsers immer weiter abnahm? Weil Firefox nie eine ernsthafte Bedrohung des MS Geschäftsmodells darstellte.

Erst nach Googles Einstieg in den Browsermarkt hat sich Microsoft plötzlich wieder gerührt und steht jetzt kurz davor mit der Version 9 des IE einen Browser zu veröffentlichen, der tatsächlich von sich behaupten kann in nahezu allen relevanten Bereichen State-of-the-Art oder gar führend zu sein, sei es Geschwindigkeit, dem Datenschutz und auch bei der Befolgung von Standards.

Warum hat es Google gebraucht um Microsoft hier aufzuwecken bzw. auf einen Weg zu schicken, den sie vielleicht nie gehen wollten? Weil sich bei Google der Browser mit einer Strategie verbindet, die die Microsoft Geldkühe Windows und Office ersetzen will. Dazu brauchte es einen Browser der extrem schnell, besonders sicher und vom Benutzerinterface her besonders schlank ist. Keine dieser Eigenschaften traf auf Firefox zu als Google Chrome Ende 2008 veröffentlicht wurde.

Heute hat es sogar den Anschein als seien auch Apples Safari und Opera an Firefox an vielen Stellen vorbeigezogen, allen bisherigen Bemühungen Mozillas zum Trotz.

In der Zange der Großindustrie

Nicht nur wenn man sich die Browsercharts ansieht kann man den Eindruck gewinnen, dass Firefox zunehmen in die Zange zwischen Microsoft und Google gerät: Was hat Firefox einem extrem verbesserten IE 9 entgegen zu setzen, hinter dem die riesigen Entwicklerressourcen eines Unternehmens stehen, welches sich in seinem ureigenstens Geschäft bedroht sieht?

Wie kann man mit Google konkurrieren, dass seine ubiquitären Marketingmöglichkeiten im Netz für eine massive Bewerbung seines Browsers nutzt und sogar die Städte mit Plakaten übersät? Ganz abgesehen davon, dass Chrome schneller, sicherer und einfacher ist und mit unglaublicher Geschwindigkeit weiter entwickelt wird?

Es ist daher nicht unrealistisch anzunehmen Firefox habe seien absoluten Höhepunkt erreicht und vermutlich schon überschritten. In diesem Jahr wird vermutlich der Abstieg beginnen, wozu neben der erstarkten Konkurrenz auch die Versäumnisse in folgenden Bereichen beitragen werden:

Vertane Chance 1: Der Browser als Betriebssystem

Google wird in wenigen Monaten Chrome OS herausbringen, ein auf Linux basierendes Betriebssystem, welches als einzige Anwendung den Chrome Browser zur Verfügung stellt. In diesem System ist der Browser und der Internetzugriff alles, jeder genutzte Dienst ist webbasiert. Auf der anderen Seite kann auf dieser Plattform kein anderer Browser installiert werden, jeder mit Chrome OS verkaufte Rechner ist dauerhaft ein Chrome Nutzer mehr im globalen Marktanteil.

chrome

Im Grunde hätte sich die Grundidee eines Linux System mit Browser auch gut mit Firefox implementieren lassen und tatsächlich gab es auch kleinere Versuche in dieser Hinsicht. Allerdings sah man nie die große Vision und die Antriebskraft im Mozilla Umfeld, um auf diese Weise einen echten Gegenentwurf zur Microsoft Welt zu schaffen, wie es Google jetzt versucht.

Eher wahrscheinlich ist es das Microsoft oder vielleicht Apple einen ähnlichen Weg gehen wie Chrome OS und stark reduzierte Versionen ihrer Betriebssysteme auf dem Markt bringen, auf denen natürlich die eigenen Browser dominieren werden.

Vertane Chance 2: Die mobilen Plattformen

Wenn man nach Firefox mobile sucht gelangt man in diese Seite des Mozilla Projektes. Dort kann man Firefox für Nokia Geräte herunterladen. Keine Links zu Android oder gar iOS Versionen. Zwar gibt es eine Android Version, aber die ist noch im Beta Stadium und spielt heute keine Rolle.

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Mit dem rasanten Aufstieg von iPad und Android im vergangenen Jahr und der in 2011 erwarteten Flut von Tablets sollte man meinen auch die Firefox Entwickler hätten sich diesem Feld zugewandt. Aber dem ist nicht so. Statt dessen dominieren die von Apple und Google mitgelieferten Browser (die auch ganz hervorragend sind) sowie Opera.

Angesichts der technologischen Rückständigkeit z. B. bei der Geschwindigkeit und der bisher geringen Erfahrungen mit Touch Screen Oberflächen ist hier ein großer Durchbruch auch nicht zu erwarten. Schon heute taucht hingegen der iOS Browser gelegentlich in globalen (und nicht mobilspezifischen) Statistiken auf, ein klares Zeichen dafür, dass die mobilen Browser die Gesamtmarktanteile in Zukunft stark beeinflussen werden. Auch hier steht Firefox also unter Druck.

Problem: Wer will schon für den Drittbesten arbeiten

Vielleicht wirkt meine Betrachtung übermäßig pessimistisch und es wird auch nicht so sein, dass Firefox in kürzester Zeit drastisch einbricht, dazu sind die Zyklen in der Entwicklung der Browsermarktanteile bisher immer viel zu träge gewesen. Trotzdem stellt sich die Frage wie sich Mozilla langfristig aufstellen will und dabei ist möglicherweise die Frage des Wettbewerbs um talentierte Entwickler wichtig.

firefox

Heute ist Firefox nur noch in sehr wenigen Stellen führend, so vielleicht in der Anzahl der verfügbaren Erweiterungen. In allen anderen Aspekten haben ihn die Konkurrenten überflügelt und insbesondere Google legt weiterhin ein enormes Tempo bei der Weiterentwicklung seines Browsers vor. Und Microsoft wird so lange nicht nachlassen, wie Google vorlegt.

Bei einem Open Source Projekt stellt sich aber immer auch die Frage ob sich genügend Leute finden lassen, die es so cool und spannend und innovativ finden, dass sie ihre Zeit darin investieren. Und bei Firefox stellt sich nun die Frage warum man seine Zeit in ein Produkt investieren sollte, welches offenbar hoffnungslos hinterher hinkt und – aus meiner Sicht – auch keine realistische Chance auf eine Rückgewinnung der Führungsposition in absehbarer Zeit hat.

Hier ist vielleicht die Vernachlässigung des Mobilbereichs am schädlichsten, da zur Zeit alle spannenden Sachen in Apps und auf Smartphones stattfinden und der “Mobile first!” Slogan geradezu sprichwörtlich geworden ist.

Risiko: Alle Browser in Firmenhänden

Und was wäre so schlimm daran, wenn Firefox dem Weg Netscapes in die Hallen der IT Geschichte folgen würde? Abgesehen von einer gewissen Nostalgie vielleicht einfach die Tatsache, dass danach alle wesentlichen Browser in Firmenhänden wären. Daran ändert auch nur wenig, dass Apples Webkit und Googles ganzer Chrome Browser Open Source sind.

So lange die großen drei Apple, Google und Microsoft noch miteinander konkurrieren wird es Weiterentwicklung geben, was aber, wenn diese sich einmal ‘einig’ werden? Schon heute zeigt die Diskussion um die HTML 5 Video Formate h.264 und WebM die Erstarrung der Webtechnologien in einigen Bereichen, die nur noch von großen Konzernen (im Konkurrenzkampf mit anderen großen Konzernen) aufgebrochen werden kann.

Vielleicht bleibt Mozilla irgendwann nur noch der Weg sich den Open Source Produkten der Industrie anzuschließen, diese zu kuratieren und an einigen wenigen Stellen im Sinne der Endkunden zu verbessern. Das würde vom ursprünglichen Stolz ein weltbewegendes Produkt zu schaffen nicht mehr viel übrig lassen, aber es wäre immerhin eine Möglichkeit grundsätzlich im Spiel zu bleiben. Es bleibt auf jeden Fall spannend…