Montag, 5. Dezember 2011

Hinterlässt Chrome trotz Autoupdate eine wachsende Schar von alten Versionen?

Beim Lesen einer Heise Meldung zu einem Sicherheitsupdate des Chrome Browsers stößt man im Forum auf einen kurzen Thread, in dem verschiedene Benutzer von Problemen mit dem automatischen Update berichten. Zwar sind es nur vereinzelte Meldungen, aber wenn sie zutreffen sollten wäre das durchaus bemerkenswert für diesen Browser, der es seit seinem Erscheinen im September 2008 bereits bis auf Version 15 gebracht hat. Und der von Google nur deshalb so schnell weiterentwickelt werden konnte, weil Chrome der erste Browser war, der sich automatisch und still aktualisierte.

chrome_heise

Ein Blick in die Zahlen der großen Webstatistikanbieter sollte die Frage beantworten können, ob tatsächlich ein Teil der Chrome Benutzer zurück bleibt und wenn ja wie groß dieser Teil ist:

StatCounter GlobalStats

In dieser Statistik wird Chrome insgesamt für die letzten 4 Wochen ein

Weltmarktanteil von 25,71%

zugeschrieben. Schaut man sich zum Vergleich die Statistik für die einzelnen Browserversionen an, so kommt die aktuelle Chrome Version 15 auf einen

Weltmarktanteil von 22,96%

Wo steckt die Differenz von 2,75%? Zwar zeigt die Graphik keine weiteren Chrome Versionen an, aber in der abrufbaren CSV Datei sind noch deutlich mehr Details enthalten. Hier sind die genauen Angaben für die verschiedenen Chrome Versionen:

Chrome Version Marktanteil in %
15 22.96
16 0.32
17 0.15
15 + 16 + 17 23.43
   
14 0.64
12 0.31
13 0.3
11 0.2
10 0.19
6 0.15
8 0.1
5 0.1
9 0.08
4 0.08
7 0.07
3 0.04
2 0.02
1 0.01

Die Versionen 15, 16 und 17 sind die aktuellen und können daher für die Frage der verschleppten Aktualisierung zusammengerechnet werden. Version 14 wurde Ende Oktober von Version 15 als stabiler Version abgelöst. Man könnte hier großzügig sein und diesen Anteil auch noch zu den ‘problemlosen’ Browsern hinzuzählen.

Dann käme man auf 24.07% von problemlosen Chrome Installationen und im Umkehrschluss auf einen Anteil von möglicherweise 1.64% problematischen Installationen (wobei StatCounter nicht versucht individuelle Chrome Installationen zu zählen, daher ist die Gleichsetzung der Internetnutzungsanteile mit der Anzahl von Chrome Installationen nicht völlig zutreffend). Nach dieser etwas gewagten Rechnung wäre dann jeder 20te Chrome Benutzer betroffen.

Gibt es nun ein Problem?

Insgesamt wäre ein Anteil von ca. 6.5% der Chrome Nutzer, der nicht mehr von den automatischen Updates profitieren würde, schon ein besorgniserregender Anteil. Dies trifft insbesondere deshalb zu, weil man es als Chrome Benutzer nicht mehr gewohnt ist sich um die Frage zu scheren ob der Browser aktuell ist.

Ein echtes Problem läge allerdings nur vor, wenn der Updatemechanismus tatsächlich schon auf Seiten der installierten Chrome Version versagt und damit dauerhaft kein Update möglich wäre. Allerdings könnten auch andere Gründe existieren, die die Updates verhindern. Zum Beispiel diese:

  1. Langsame Datenverbindungen: Gerade in eher schlecht angebundenen Gegenden könnte der inzwischen recht große Chrome Download schlicht und ergreifend einfach scheitern.
  2. Experimentelle / seltene Nutzung: Benutzer, die Chrome nur für Tests installiert haben und einfach nicht so lange nutzen, dass ein Update erfolgen kann.
  3. Staatliche Eingriffe: Der Diginotar Hack, bei dem auch Zertifikate für Google Internetseiten gefälscht wurden, hat gezeigt wie weit autoritäre Regime (etwas das iranische) zu gehen bereit sind um ihre Bevölkerung zu kontrollieren. Da Chrome solche gefälschten Zertifikate nicht akzeptiert (Public Key Pinning) würde in einer so angegriffenen Umgebung auch kein Update mehr erfolgen.
  4. Veraltete Unternehmensinstallationen: Chrome kann inzwischen unternehmensweit installiert werden. Dabei erhalten Administratoren auch die Option die automatischen Updates zu unterdrücken.

Wie sieht es bei anderen Browsern aus

Von den anderen großen Browsern lohnt sich nur der Vergleich mit Firefox. Beim Internet Explorer gibt es die bekannten Update Probleme, durch die immer noch große Teile der Nutzer mit der grausamen Version 6 unterwegs sind, gleichzeitig verspricht Microsoft für die nächste Version seines Browsers schon jetzt 10 Jahre Support. Also das genaue Gegenteil der Chrome Strategie.

Bei Firefox hingegen hat die Mozilla Corporation beginnend mit der Version 4 ebenfalls auf einen sehr schnellen Versionswechsel umgestellt und ist dadurch inzwischen bei Version 8 angekommen. Der Vergleich hinkt trotzdem etwas, da Firefox noch keine stillen Updates hat (dies ist erst für 2012 geplant). Die Version 8 ist am 8. November veröffentlicht worden. Hier ist die Versionverteilerung so:

Firefox Version Marktanteil in %
9 0.27
8 10.57
8+9 10.84
   
7 4.99
6 1.17
5 0.81
4 0.9
4-7 7.87
4-9 18.71
   
3.6 5.38

Die Versionen kleiner gleich 3.6 sind hier nicht relevant, da diese Benutzer offenbar zögern die neue schnelle Updatepolitik mitzugehen. Von den 18.71% Firefox Marktanteil, die auf die Versionen ab 4 fallen, befinden sich nun schon 7.87% in veralteten Versionen. Das sind mehr als 40% der entsprechenden Firefox Nutzer. Im Vergleich dazu schneidet Chrome sehr gut ab, vor allem wenn man die bei Chrome noch viel größere Versionsanzahl mit einbezieht.

Abwarten

Ob sich das Update’problem’ bei Chrome wirklich zu einem echten Problem auswächst muss wohl noch abgewartet werden. Mit steigender Verbreitung des Browsers – das Wachstum scheint noch nicht an seinem Ende angekommen zu sein – wird man genauer beobachten wie sich der Anteil der zurückbleibenden Benutzer verhält.

Trotzdem kann man nach nun 3 Jahren Chrome Browser das sichere Fazit ziehen, dass sich stille Updates für eine globale Nutzerschaft mit einer der Größe von mehreren hundert Millionen realisieren lassen und unvergleichliche Vorteile bringen.