Samstag, 18. August 2012

’Is Google's world domination plan working? I'd say yes.’

Wer sich für die Ausbreitung des Smartphones und die damit verbundenen Konflikte und Umwälzungen interessiert stößt irgendwann auf Tomi Ahonen, den meinungsstarken finnischen Analysten. Mag seine oft martialische Wortwahl (‘Smartphone Bloodbath’) auch nicht jedermanns Sache sein, seine sehr umfangreichen Betrachtungen sind allein schon deshalb lesenswert (wenn man sich wie gesagt für das Thema interessiert), weil sie das sonst dominante Thema der allgegenwärtigen Patentklagen zwischen den Herstellern kaum berühren.

In seiner vor ein paar Tagen veröffentlichen Analyse des Smartphonesmarktes im 2. Quartal 2012 zieht er wieder die schon bekannten Einschätzungen der großen Marktforschungsunternehmen zusammen, rührt angeblich ein paar geheime Informationsbrocken hinein und vergibt dann Schulnoten (Samsung bekommt ein A, Apple ein B-, Nokia ein F).

Da der Text wie gesagt den ganzen Patentkriegsirrsinn bei Seite lässt und auch die sonst unvermeidlichen Android/Google/Samsung vs. Apple/Microsoft Fanboy Statements vermeidet arbeitet er das eigentlich entscheidende Element besser heraus:

Die Frage, wer die Smartphone Welt in den nächsten Jahr(zehnt)en dominieren wird, wird gerade entschieden

Genauso wie sich vor 15 Jahren (oder schon länger?) Microsoft mit seinem Windows Betriebssystem als alles andere plattwalzende Plattform für das Personal Computing durchgesetzt hat, so scheint sich jetzt Android mit ähnlicher Macht durchzusetzen. Einige Zahlen drücken dies aus:

  • Der weltweite Marktanteil Androids bei neuverkauften Geräten lag bei knapp 67% 
  • Der Marktanteil ist in den letzten 6 Quartalen permanent gewachsen, selbst in Apples Rekordquartal.
  • Im letzten Quartal wurden jeden Tag durchschnittlich mehr als eine Million Android Geräte verkauft.
  • Samsung als größter Android Gerätehersteller hat Nokia und Apple weit hinter sich gelassen.

[PS: Bevor jetzt wieder jemand die verkaufte vs. ausgelieferte Geräte Diskussion beginnen möchte: Das ist angesichts der Stückzahlen und des nun schon lange anhaltenden Wachstums völlig müßig.]

Widerstand scheint zwecklos

Angesichts dieser Zahlen wirken die Bemühungen von Apple die Android Gerätehersteller auf juristischem Wege zu stoppen eher lächerlich. Der Zug ist offenbar einfach abgefahren, vor allem da Apple mit seinen hochpreisigen Produkten nur einen kleinen Teil der Weltbevölkerung bedienen kann.

Da scheint es Microsoft fast ‘besser’ zu machen mit dem Einsammeln von Gebühren für einen großen Teil der verkauften Android Geräte. Auf diese Weise profitieren sie noch direkt vom Aufstieg Androids. Allerdings ist dies möglicherweise nur ein Trostpflaster für den Giganten aus Redmond, denn:

’...the Android OS will grow to exceed the total PC based Windows installed base as early as Q1 of 2014 !!!’

Wenn die Vorhersage von Ahonen stimmt, so könnte die Zahl der verwendeten Android Smartphones die Zahl der verwendeten Windows PCs bereits in wenig mehr als eineinhalb Jahren übertreffen. Und bis dahin wird eine Generation herangewachsen sein, die ihre ersten Schritte ins digitale Leben (welches sich für sie aber untrennbar mit dem RL vermischt haben wird) komplett über Smartphones absolviert hat. Und damit keinerlei Bindung an die Windows Welt mehr kennt.

Microsoft war im Gegensatz zu Google bisher nicht in der Lage seine Mobilplattform in nennenswerter Zahl an den Mann oder die Frau zu bringen und ob dies in Zukunft besser gelingt kann man wohl bezweifeln.

Der Siegeszug eines ‘freien’ Betriebssystems

Was ist nun wenn Android seinen Weg in dieser Weise fortsetzt? Dann ist dies zunächst einmal ein später Triumph der linuxbasierten, freien Systeme über die geschlossenen Welten, die früher Microsoft und heute Apple aufgebaut haben.

Man kann dabei trefflich über die Frage diskutieren ob Android wirklich frei ist und wenn ja in welchem Grad (das z. B. die Entwicklung neuer Android Versionen von Google mehr oder weniger intern gemacht wird stößt den ganz kompromisslosen Verfechtern der reinen Lehre übel auf), aber nichts desto trotz ist Android das mit weitem Abstand freiste Betriebssystem, welches es jemals in nennenswerten Umfang in die Hände der so genannten Endanwender geschafft hat.

Muss man Angst vor Google haben?

Mit der Dominanz von Android einher geht auch eine Dominanz von Google. Google wird aller Voraussicht nach den Markt für Smartphone Betriebssysteme ähnlich dominieren wie sie es bei der Internetsuche bereits tun.

Selbst als Google Fan muss einen dies beunruhigen.

Denn Google behält über sein ‘freies’ Betriebssystem weiterhin eine große Kontrolle: So können Hersteller zwar ziemlich nach Belieben das Betriebssystem modifizieren, aber damit sie Zugriff auf den Android Play Store erhalten und damit ihren Kunden das größte verfügbare Ökosystem an Android Apps zugänglich machen können müssen sie Regeln von Google befolgen. Eine davon ist natürlich die Vorauswahl von Google als Suchmaschine.

Was sind Alternativen?

Aus meiner heutigen Sicht sind wir mit Google als Anbieter des bzw. Kurator über das wichtigste und bald vielleicht alles dominierende Smartphone Betriebssysstem deutlich besser bedient als früher mit Microsoft und heute insbesondere mit Apple.

Auch wenn Google den Geräteherstellern bestimmte Vorgaben macht bei der Standardkonfiguration ist Android als solches und auch der von Google betriebene Play Store viel offener als alle konkurrierenden Angebote. Es wundert an dieser Stelle eher, dass Konkurrenten wie Microsoft für ihre Dienste wie die Suchmaschine Bing keine Android Apps anbieten. Google würde solche Angebote nicht unterbinden wie man es etwa bei Apple immer befürchten müsste.

Interessant ist an dieser Stelle, dass sich viel Kritik an Android bzw. Google gerade an der schwachen Kontrolle entzündet, die ausgeübt wird. Aber will man wirklich, dass wir nur noch Apple-artige Angebote nutzen können, bei denen sich die Entwickler schon selbst eine Schere im Kopf zulegen, damit ihre neue App auch ja zugelassen wird? Und nicht nur Entwickler, sondern auch Zeitungsmacher? Also ich jedenfalls nicht.

Was man sich wünschen könnte

Wenn man sich eine Alternative zu Google wünschen würde, so kann sie nicht aus Microsoft oder Apple bestehen. Alle drei Unternehmen sind in den USA beheimatet und unterliegen den dortigen Gesetzgebungen. Und dementsprechend sind die Vorstellungen von Moral und zumutbaren Inhalten letztlich in allen diesen Angeboten gleich bzw. konvergieren nach und nach.

Android, selbst mit dem von Google kuratierten Play Store, kann aber trotzdem als vergleichsweise offene Plattform die beste Lösung für die Zukunft sein. Amazon (allerdings auch wieder ein US Unternehmen) hat gezeigt wie man ein eigenes Produkt schaffen kann, welches zwar auf Android basiert aber ganz eigenen Regeln gehorcht.

Vielleicht wird es ja irgendwann auch einmal europäischen Anbietern gelingen dieses Potential zu nutzen. Nahe liegend wäre es dabei, wenn sich die ewig nur lamentierenden Verlage einmal aufraffen würden um ein entsprechendes Produkt zu schaffen, mindestens als entsprechende App im Play Store. Aber die Verlage wenden sich ja bisher lieber Apple zu und nehmen die notwendige Selbstzensur offenbar in Kauf.

Hat Google als erstes gemerkt, dass Android schon gewonnen hat?

Zum Schluß noch ein paar Sätze zu Google: Die Erkenntnis bzw. Einschätzung, dass der Kampf um das dominierende Smartphone Betriebssystem/Ökosystem vielleicht schon entschieden ist, habe ich bisher selten gehört. Das Thema wird wohl zu sehr von den gerichtlichen Etappensiegen Apples gegen einzelne Smartphone Hersteller überschattet, auch ist die Situation in den reichen westlichen Ländern, in denen Apple eine bessere Position hat, noch nicht so eindeutig.

Dabei hätte man auch vorher schon auf die Idee kommen können, dass Apple mit seinen Klagen möglicherweise erst dazu beigetragen hat in Samsung einen mindestens ebenbürtigen Gegner hervorzubringen, in dem sie schwächere Anbieter wie HTC noch zusätzlich geschädigt und damit im Wettkampf mit Samsung gebremst haben.

Im Rückblick könnte man allerdings den Eindruck gewinnen, dass es einen gab, der den Sieg von Android bereits gesehen und entsprechend gehandelt hat: Google selbst.

Es gab viele Diskussionen darüber, warum Google Android überhaupt begonnen bzw. eingekauft hat und welches das Ziel dieses Engagements ist. Googles Kerngeschäft ist weiterhin die Suche und die vorantreibende Kernidee die Sortierung aller Informationen der Welt (so glaube ich die etwas pathetische Selbstbeschreibung). Android war und ist in dem Sinne die wichtigste Option für Google seine Dienste ungebremst und ungestört in der Richtung weiterentwickeln zu können, die sie für richtig halten, und gleichzeitig die Quelle um eine genügend große Masse von Nutzern und Nutzung für die lernenden Algorithmen zu bekommen, die unter so vielen ihrer Dienste liegen.

Um die Ausbreitung von Android insbesondere im Konkurrenzkampf mit Apple zu fördern hat Google in der Vergangenheit einige Dienste nur auf seiner eigenen Plattform angeboten, besonders prominent dabei sicher die Turn-by-turn Navigation in Google Maps. Ein letztes wichtiges Beispiel ist Google Now.

Trotzdem hat man in den letzten Monaten gleich mehrere Fälle erlebt, in denen Google das Funktionsgefälle zwischen Android und iOS hat verschwinden lassen:

  • Chrome ist nun für iOS verfügbar, obwohl Google die eigene Rendering Engine nicht mitbringen kann.
  • Die Google+ App wurde teilweise auf iOS eher aktualisiert als unter Android.
  • Die neue Sprachsuche, die den Knowledge Graph nutzt und in vielen Fällen Fragen direkt beantworten kann, wurde auch auf iOS ausrollt. Diese Funktion wurde erst im Juni zusammen mit der neuesten Android Version Jelly Bean gezeigt und man hatte eigentlich erwartet, dass Google diesen Siri Konkurrenten seiner eigenen Plattform als Differenzierungsmerkmal vorbehalten würde.
Man könnte dies so verstehen, dass Google seine Android Plattform nun als Selbstläufer oder gar Sieger betrachtet und keine Notwendigkeit mehr sieht den Geräteherstellern durch exklusive Funktionen unter die Arme zu greifen. Und sich nun wieder seinem eigentlichen Ziel zuwendet welches darin besteht möglichst viele Menschen zu Nutzern der eigenen Dienste zu machen. Ganz unabhängig davon, welches Betriebssystem sie verwenden.

Möglicherweise kann man diese Frage dann sicher beantworten wenn Apple mit der kommenden iOS Version die fest eingebauten Google Maps durch eine eigene Lösung ersetzt: Wenn Google dann eine Maps App für iOS mit Turn-by-turn Navigation einsetzt würde ich das als endgültiges Zeichen sehen, dass sie den Krieg für gewonnen halten.

Samstag, 4. August 2012

Wie man eine IP Adresse aus den USA bekommt

Schon bei der Bestellung meines Nexus One hatte ich eine Beschreibung eingebaut, wie man seinen Rechner so konfiguriert, dass er eine IP Adresse aus den USA hat. Und dann entsprechende Onlineangebote nutzen kann. Hier die Beschreibung in einer aktualisierten und kompakteren Form:

Tor ist der Schlüssel

Ich halte weiterhin den Anonymisierungsdienst Tor sowohl für den einfachsten wie auch den sichersten Weg. Die Nutzung von Proxys ist im Vergleich dazu nach meiner Erfahrung viel unzuverlässiger und man weis letztlich nie, was der Proxybetreiber so alles mit den über sein System laufenden Daten anstellt. Das Tor Setup ist seit der Nexus One Bestellung in 2010 auch noch einmal einfacher geworden und erfordert nur wenige Schritte:

  1. Download des Tor Browser Bundles. Das TBB ist ein Paket, welches gleich mit einem passend konfigurierten Browser kommt. Man muss also nicht mehr seinen normalen Browser umkonfigurieren, was die Tor Nutzung noch viel umstandloser macht.
  2. Das Paket nach den Anweisungen auf der Seite installieren.
Danach kann man einen ersten Test machen um sich an die Umgebung zu gewöhnen und um zu prüfen ob alles funktioniert. Man wird normalerweise gleich feststellen, dass die Internetnutzung über Tor deutlich langsamer ist als ohne.

Anpassung von Tor

Wenn Tor so weit läuft folgt der Schritt, der uns die US IP Adresse bringt. Dazu ein winziger Exkurs in die Funktionsweise von Tor: Dieser Dienst leitet Internetzugriffe über ein Netzwerk von Knoten (nodes) um auf diese Weise die Herkunft einer Abfrage zu verschleiern. Der Webdienst, den man aufrufen möchte, sieht damit die IP Adresse des letzten Knotens (des Ausgangsknotens / exitnodes) und nicht mehr die des Ausgangsrechners.

Da viele Knoten in den USA sind kann es zufällig schon ohne weitere Einstellungen an Tor so sein, dass man eine US IP Adresse hat, aber darauf kann man sich nicht verlassen. Man kann dies aber erzwingen und zwar mit einer einzigen Zeile in der Tor Konfigurationsdatei torrc. Diese findet man im Verzeichnis

..\Tor Browser\Data\Tor\torrc

In dieser Datei fügt man am Ende diese Zeile hinzu:

ExitNodes {US}

Diese Änderung sollte man machen während Tor nicht läuft, sonst kann es passieren, dass wieder die Originalversion hergestellt wird. Zur Bearbeitung kann man die Datei temporär in torrc.txt oder so umbenennen, damit man unter Windows den Standardeditor verwenden kann.

Voila, damit ist man fertig. Wenn man Tor jetzt startet bemerkt man meist einen längeren Startvorgang als zuvor, da erst entsprechende Knoten gesucht werden müssen. Wenn man dann Online ist wird sich die Geschwindigkeit oft nochmal verringert haben, aber man gilt jetzt aus Sicht des Internets als Surfer aus den USA:)

Andere Länder

Der gleiche Trick funktioniert natürlich auch mit anderen Ländern. Man muss dazu nur das US in der Zeile durch einen entsprechenden anderen Ländercode ersetzen. Aber: Das funktioniert nur, wenn es in dem entsprechenden Land tatsächlich Knoten gibt. Bei mir ist der Versuch einen Knoten in UK zu verwenden 
z. B. bei verschiedenen Gelegenheiten gescheitert, in diesem Fall startet Tor letztlich gar nicht.