Schon wieder sind fünf Monate vergangen seit dem letzten Wühlen in Statistiken. Die ‘Browserkriege’ sind weiterhin in vollem Gange, allerdings haben sich in den letzten drei Monaten die beiden wichtigsten Webstatistiken von NetMarketShare und StatCounter nicht mehr nur unterschiedlich schnell bewegt, sondern auch teilweise in unterschiedliche Richtungen. Auch ist es jetzt Zeit meine im Januar 2011 gemachte Wette auf den Marktanteil von Chrome bzw. insbesondere von ChromeOS aufzulösen. Also los:
Die weltweiten Marktanteile Ende März 2012
Hier die Entwicklung der weltweiten Marktanteile der Desktopbrowser bei StatCounter für die letzten 6 Monate:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Die genauen Zahlen für diesen Monat der beiden Statistikanbieter sind im Vergleich:
März 2012 | NetMarketShare | StatCounter |
Internet Explorer | 53,83% | 34,81% |
Chrome | 18,57% | 30,87% |
Firefox | 20,55% | 24,98% |
Safari | 5,07% | 6,72% |
Opera | 1,62% | 1,78% |
In der StatCounter Statistik halten die in den letzten Betrachtungen beobachteten Trends an: Der Internet Explorer (IE) verliert, Chrome steigt auf, Firefox verliert leicht und Safari arbeitet sich langsam nach oben.
In der NetMarketShare Statistik hingegen gibt es seit drei Monaten einen umgekehrten Trend: Hier hatte Chrome seinen bisher höchsten Marktanteil mit 19.11% im Dezember 2011 und befindet sich seit dem auf dem Abstieg. Der Internet Explorer hingegen konnte im gleichen Zeitraum den Trend umkehren und wieder zulegen.
Die Unterschiede zwischen den Statistikern
Die gegenteilige Entwicklung der Browseranteile in den Statistiken macht es notwendig noch einmal genauer zu betrachten worin eigentlich die Unterschiede zwischen den beiden Anbietern herauszuarbeiten. Am Ende soll so noch einmal begründet werden, auf welche Statistik gesetzt wird.
Statistische Basis
Beide Webstatistiker können nur einen kleinen Teil der gesamten Internetnutzung messen und messen dabei auch jeweils unterschiedliche Bereiche. Die spannende Frage wer den repräsentativeren Anteil misst ist von außen nicht zu beantworten, vermutlich wären nur sehr große Seiten wie Google, Baidu, Facebook oder Amazon in der Lage hier einen Vergleich zu liefern.
Bei StatCounter werden angeblich 3 Millionen Websites betrachtet mit heute insgesamt 18 Milliarden Seitenabrufen pro Monat. Das bedeutet, dass die durchschnittliche Seite bei StatCounter nur 6000 Seitenabrufe pro Monat zählt. Dies kann auf der einen Seite für eine gute Streuung sprechen, auf der anderen Seite gibt es hier immer das Potential einer Verfälschung durch einzelne sehr große Seiten im Mix.
NetMarketShare hingegen sammelt nach eigener Aussage Daten von 40.000 Websites, auf denen im Monat 160 Millionen unterschiedliche Benutzer gewählt werden. Um auf eine Größenordnung bei den Seitenzugriffen zu kommen wie StatCounter müssten die einzelnen Benutzer im NetMarketShare Netzwerk also im Monat mehr als 100 Seiten aufrufen. Das erscheint vergleichsweise viel, daher schätze ich die Anzahl der direkt gemessenen Internetnutzer bei StatCounter als größer ein.
Zählung von Browsernutzern vs. Zählung von Webseitenaufrufen
Der zweite grundlegende Unterschied besteht in der Zählweise: Während StatCounter einfach nur die Anzahl der Seitenabrufe summiert versucht NetMarketShare die dahinter stehenden unterschiedlichen ‘Personen’ zu identifizieren. Beide Zählweisen haben ihre Probleme:
Bei StatCounter wird ein sehr internetaffiner Benutzer einen viel größeren Effekt in der Statistik hinterlassen. Damit sind die modernen Browser im Vorteil, da die Vielnutzer des Netzes vermutlich eher eine bewusste Entscheidung darüber fällen, welchen Browser sie verwenden.
Bei NetMarketShare hingegen ist es im Idealfall unwesentlich wie oft jemand im Netz ist, so lange es wenigstens einmal im Monat ist. Problematisch ist dabei wie immer die Frage ob sich ‘Personen’ wirklich eindeutig identifizieren lassen: Wenn jemand eine Webseite von seinem Büro PC besucht und von seinem Privatgerät wird er vermutlich doppelt gezählt. Insgesamt bevorzugt diese Zählweise vermutlich die Browser, die per Voreinstellung auf PCs installiert sind.
Auf Grund dieser unterschiedlichen Zählweisen würden die Statistiken von StatCounter und NetMarketShare auch dann sehr unterschiedlich aussehen, wenn sie exakt die gleichen Webseiten messen würden. Beide Statistikarten haben ihre eigene Anwendung: Die NetMarketShare Statistik kann eher für Webseitenentwickler interessant sein, die auf eine Masse von Benutzern setzen. Die StatCounter Statistik hingegen zeigt eher die Richtung auf, in welche die internetaffinen Benutzer gehen, und ist damit insbesondere für innovative Seiten interessant.
Hochrechnung der real gezählten Daten vs. direkte Auswertung
Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht in dem Versuch von NetMarketShare die tatsächlich gezählten Webzugriffe auf die Menge aller Internetbenutzer weltweit hochzurechnen. Am Beispiel China lässt sich der Unterschied sehr deutlich machen:
Bei StatCounter geht China beim Anteil der gezählten Seitenzugriffe erst an 23. Stelle in die Statistik ein. Ein Grund für diese niedrige Position ist wohl der, dass die chinesischen Nutzer in von westlichen Anbietern betriebenen Seiten eher unterrepräsentiert sind und chinesische Webseiten offenbar die westlichen Statistikanbieter nicht oft verwenden (können).
Bei NetMarketShare wird man wohl auch nicht mehr chinesische Nutzer messen können, es wird aber versucht an Hand von CIA Statistiken die aus den einzelnen Ländern tatsächlich kommenden Benutzerzahlen auf die gesamte Internetnutzerschaft des jeweiligen Landes hochzurechnen. China ist in der entsprechenden CIA Statistik mit weitem Abstand an erster Stelle. Dies führt dazu, dass in der NetMarketShare Statistik der sehr unbewegliche chinesische Benutzeranteil mit seiner hohen IE Nutzung eine viel größere Bedeutung erhält.
Während die Hochrechnung im Idealfall eine realistischere Statistik über Ländergrenzen hinweg erzeugt bringt sie gleichzeitig zwei neue Fehlerquellen hinein: Zum einen ist die CIA Statistik mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet und stammt auch schon aus dem Jahr 2009. Zum anderen werden etwa im Fall von China Messwerte, die vermutlich auf einer vergleichsweise geringen Nutzerbasis beruhen, sehr stark vergrößert und damit auch alle darin enthaltenen Ungenauigkeiten.
Chrome’s Prerendering Funktion: Was macht NetMarketShare falsch
Beginnend mit Version 13 , herausgekommen im Juni 2011, führte Google in seinem Browser das sogn. ‘Prerendering’ ein. Diese Funktion, die in Version 17 noch erweitert wurde, sorgt dafür, dass Chrome in einigen Fällen Webseiten bereits lädt, während der Benutzer noch die Adresse einträgt. Im Idealfall ist die Seite dann schon geladen wenn die Adresseingabe abgeschlossen ist und erscheint schlagartig.
Für Webstatistiken entsteht durch diese Funktion aber ein Problem durch die Fälle, bei denen eine so vorgeladene Seite nie vom Benutzer betrachtet wird, da er in Wirklichkeit eine ganz andere Seite meinte. Bei NetMarketShare hat man daher angefangen solche Zugriffe zu filtern, da man sie für eine Verfälschung der Statistik hält. Der Anteil dieser Zugriffe wird dabei mit 4,3% der täglichen Chrome Besucher angegeben. Diese Bereinigung ist eine mögliche Erklärung für das Sinken von Chromes Anteil in der NetMarketShare Statistik.
Natürlich hat sich Microsoft dieser Interpretation gerne angeschlossen und dabei insbesondere gegen StatCounter argumentiert, bei denen ihr IE deutlich schlechter abschneidet. Von StatCounter gab es dazu nur die Äußerung, dass in ihren Statistiken kein Sprung in den Chrome Anteilen zu beobachten sei, der mit der Einführung des Prerenderings zusammenfallen würde.
Meine Einschätzung ist dazu noch etwas anders: Wenn ein Webstatistiker Grund dazu hätte das Prerendering herauszufiltern, dann wäre es StatCounter, denn hier werden nur die Webseitenzugriffe gezählt. Dort könnte man zu Recht argumentieren, dass eine Seite, die nie angesehen wurde, nicht in die Zählung eingehen sollte. Aber auch mir ist damals in den Statistiken nichts aufgefallen, was auf einen künstlich aufgeblähten Marktanteil Chromes hingedeutet hätte. Eine Erklärung dafür wäre, dass die wenigen unnötigerweise vorgeladenen Seiten komplett in der Masse der regulär besuchten Seiten untergehen.
Hingegen halte ich die Ausblendung des Prerenderinganteils durch NetMarketShare für methodisch falsch. Natürlich macht es Sinn als Dienstleister für Webstatistiken einer Webseite, der man Besucherzahlen liefern will, nur die anzuzeigen, die die Webseite tatsächlich gesehen haben.
Aber: Für die Berechnung der weltweiten Marktanteile arbeitet NetMarketShare sehr stark mit rein virtuellen Werten etwa wenn sie für ihre Hochrechnungen die tatsächlichen Besucherzahlen ins Verhältnis setzen mit den (geschätzten) weltweiten Internetnutzerzahlen. An dieser Stelle vermuten sie, dass sich der Rest der Internetnutzer, den sie nie auf ihren Webseitenzählern sehen, genauso verhalten würde wie der von ihnen erreichbare. Auch der Versuch einzelne Internetbenutzer zu identifizieren und zu zählen ist eine Aufgabe, die voller potentieller Fehlerquellen steckt.
Nun hätten sie aber mit den Zugriffen aus dem Prerendering tatsächlich harte Fakten: Hier zeigt sich, dass jemand den Chrome Browser tatsächlich nutzt. Warum soll dieses Faktum dann nicht in die Zählung eingehen, selbst wenn dieser Benutzer niemals eine der von NetMarketShare beobachteten Seiten sieht? Wo ist hier der Unterschied zu den rein virtuell hinzugerechneten, niemals irgendwie in Erscheinung tretenden Internetbenutzern?
Eigentlich müsste NetMarketShare daher bei seinen Zählungen differenzieren: In den Statistiken für ihre Kunden müssen sie das Prerendering ausschließen, für die weltweiten Nutzerstatistiken hingegen müssten sie es drin lassen. Da dies aber wohl kaum kurzfristig geschehen wird ist für mich die NetMarketShare Statistik weiterhin die zweifelhaftere Statistik.
Einordnung von Tablets wie dem iPad
Ein letzter Unterschied zwischen NetMarketShare und StatCounter ist schließlich die Zuordnung von Webzugriffen über Tablets, also insbesondere des iPads. Bei NetMarketShare werden diese Benutzeranteile der mobilen Internetnutzung zugeschlagen, also mit Smartphones, Feature Phones und so weiter in einen Topf geworfen. Bei StatCounter ordnet man hingegen mindestens das iPad dem Desktop Bereich zu.
Meiner Ansicht nach ist die Lösung von StatCounter die ‘bessere’: Die Surfleistung eines iPads liegt viel näher bei der eines normalen PCs als bei einem Smartphone. Da das iPad inzwischen einen signifikanten Anteil an der weltweiten Internetnutzung hat – zumindest bei StatCounter – ist dieser Unterschied relevant.
Allerdings wird es in Zukunft immer schwieriger werden hier eine Grenze zu ziehen: Wie sieht es etwa mit einfachen 7’’ Geräten wie dem Amazon Kindle aus? Oder Geräten wie dem Samsung Galaxy Note mit 5,3’’ Bildschirmgröße?
Weitere Unterschiede
Es gibt offenbar noch weitere Unterschiede etwa bei der Einbeziehung von Browsern mit oder ohne Javascript. StatCounter hat in seiner FAQ Seite eine eigene Gegenüberstellung angefertigt.
Fazit: Weiter mit StatCounter
Nach diesen Betrachtungen zu den Unterschieden zwischen den beiden großen Anbietern von Webstatistiken bleibt nur noch die Frage auf welche ‘Seite’ man sich schlägt: Ich halte es dabei weiterhin mit StatCounter. Zum einen erscheint mir die reine Zählung von Webseitenabrufen ohne Versuche einer Hochrechnung bzw. Aggregierung weiterhin die unproblematischere Statistik zu produzieren. Zum anderen kann man nur beim StatCounter ohne weiteres auf Länderstatistiken zugreifen und so genauer beurteilen, wie sich letztlich die Zahlen bilden. Und auf Länderebene spielen die Versuche einer Hochrechnung keine Rolle. Hier eine Liste der Länder, die in der CIA Statistik als die Länder mit den meisten Internetbenutzern gelten:
Internet Explorer | Chrome | Firefox | |
China | 76,89% (-) | 11,48% (+) | 4,63% (+/-) |
USA | 41,74% (-) | 21,85% (+) | 21,47% (-) |
Japan | 56,14% (+) | 16.92% (+) | 17,67% (-) |
Brasilien | 30,61% (-) | 45,59% (++) | 21,7% (-) |
Deutschland | 24,76% (-) | 15,23% (+) | 50,01% (-) |
Indien | 18,76% (--) | 42,42% (++) | 34,75% (+/-) |
England | 38.92% (-) | 28,03% (+) | 19,79% (-) |
Frankreich | 31,4% (-) | 25,47% (+) | 32,87% (+/-) |
Nigeria | 31,15% (-) | 14,5% (+/-) | 43,79% (+/-) |
Russland | 20,21% (+/-) | 29,77% (++) | 24,75% (-) |
Südkorea | 79,49% (-) | 12,73% (+) | 4,31% (+/-) |
Mexiko | 40,82% (-) | 37,88% (++) | 16,01% (+/-) |
Italien | 32,65% (-) | 35,79% (+) | 23,83% (-) |
Spanien | 34,59% (-) | 33,26% (+) | 25,15% (-) |
Türkei | 43% (-) | 42,9% (++) | 12,54% (-) |
Kanada | 39,59% (-) | 22,32% (+) | 23,12% (-) |
Vietnam | 21,35% (-) | 41,2% (++) | 34,59% (-) |
Kolumbien | 27,4% (-) | 55,53% (++) | 14,39% (-) |
Polen | 15,83% (+/-) | 26,07% (+) | 47,11% (-) |
Pakistan | 16,76% (-) | 45,05% (++) | 32,27% (+) |
Ägypten | 23,62% (-) | 27,31% (+) | 44,35% (+) |
Quelle: StatCounter
Die Zahlen geben die Prozentwerte im Monat März an, die fett markierten Werte zeigen den führenden Browser im jeweiligen Land. Die +/- Angaben zeigen den Trend der letzten 6 Monate, der aber nicht immer ganz klar ist. Der IE ist eindeutig in den drei größten Ländern führend, in China und Japan sogar mit einem extremem Vorsprung. Insgesamt hat er in 9 von den gezeigten 21 Ländern den größten Marktanteil, wobei in der Türkei schon nahezu Gleichstand mit Chrome herrscht. In den allermeisten Ländern befindet sich der IE im Abwärtstrend.
Chrome hat nun schon in 7 Ländern den größten Marktanteil (ohne die Türkei) und befindet sich in nahezu allen Staaten weiterhin im Aufwärtstrend. In Spanien und Mexiko kann schon im kommenden Monat ein Wechsel hin zu Chrome erfolgen. Der Rest der Länder geht an Firefox, der sich allerdings auch eher im Abwärtstrend befindet. Dementsprechend ist die von Browserrank auf den StatCounter Daten generierte Browserweltkarte in den letzten Monaten deutlich bunter geworden:
Damit nun weiter zu der gewohnten Einzelbetrachtung der Performance der verschiedenen Browser:
Chrome
Der Google Browser hat in den letzten 5 Monaten einige entscheidende Etappen genommen: Zuerst wurde im November Firefox überrundet, seitdem ist Chrome der Browser mit dem weltweit zweithöchsten Nutzeranteil in der StatCounter Statistik. Seit Mitte Dezember ist die jeweils aktuelle Chrome Version auch die Browserversion, die die weltweit höchste Nutzung hat. Damals überrundete Chrome 15 erstmals den Internet Explorer 8. Heute gilt, dass die jeweils neueste Chrome Version diesen Spitzenplatz in weniger als zwei Wochen erobert. Hier z. B. der Verlauf beim gerade stattfindenden Wechsel von Chrome 17 auf 18:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Version Market Share
Der letzte ‘Triumph’ sind schließlich die vergangenen Wochenenden, an denen Chrome es an einigen wenigen Tagen geschafft hat den IE zu überrunden:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Diese Entwicklung – zum ersten Mal seit ewigen Zeiten überholt irgendein Browser den IE in einer großen Statistik - hat noch einmal für heftige Wellen in den Techblogs gesorgt und auch Microsoft auf den Plan gerufen, die hier noch einmal bekräftigten, dass sie es lieber mit den NetMarketShare Statistiken halten.
Auch in Marketinghinsicht gab es einige Erfolge für Google. So werden die Bemühungen um eine besonders hohe Sicherheit zum Beispiel vom BSI, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, honoriert: Das BSI hat kürzlich den Chrome Browser auf Grund seiner Sicherheitsarchitektur als einzigen für Privatanwender empfohlen.
Im Bereich der Unternehmenskunden konnte Google Anfang März das US State Department vorweisen, welches 58.000 Mitarbeiter in kurzer Zeit auf Chrome umgestellt hat. Auch in Unternehmen wird möglicherweise die Tatsache wichtig, dass Chrome ebenfalls für ältere Plattformen wie Windows XP modernste Browserfunktionalitäten bietet, während Microsoft hier seine Kunden im Stich gelassen hat.
Wichtige Länder
In einer Reihe von wichtigen Ländern hat Chrome die Marktführerschaft übernommen oder steht kurz davor und sich dabei sowohl gegen den Internet Explorer wie auch gegen Firefox durchgesetzt:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Es gibt nur wenige Länder (siehe unten den Abschnitt zum IE), in welchen Chromes Marktanteil auch bei StatCounter wieder sinkt. In Asien hat Chrome den Firefox insgesamt überholt, in Südamerika seinen Vorsprung weiter ausgebaut und in Afrika den IE vom zweiten Platz verdrängt.
Die verlorene ChromeOS Wette oder: Windows ist noch lange nicht am Ende
Der weiterhin anhaltende Siegeszug von Chrome hatte aber nicht zur Folge, dass Googles Browserbetriebssystem ChromeOS ebenfalls eine signifikante Verbreitung erreicht hat. Im Januar 2011 hatte ich einen enthusiastischen Blogpost über die glänzenden Zukunftsaussichten dieses radikal neuen Betriebssystemansatzes von Google verfasst und am Ende prognostiziert, dass der Chrome Marktanteil in 12 Monaten durch ChromeOS bei NetMarketShare auf 25% gestiegen sein würde. Dies hat sich nicht erfüllt.
Zwar ist ChromeOS pünktlich Mitte 2011 herausgekommen und konnte von da an auf sogn. ChromeBooks verwendet werden. Doch in den Webstatistiken ist davon nichts zu sehen, hier müsste sich ChromeOS auf den Anteil an Linuxrechner auswirken. Linux taucht aber nur in sehr sehr wenigen Ländern (z. B. Uruguay) überhaupt mit Anteilen oberhalb von einem Prozent auf.
Für Microsoft muss die Konkurrenz durch Google auf Betriebssystemebene daher bis heute kaum beunruhigend sein. In Bezug auf die zukünftigen Browsermarktanteile bedeutet dies Microsoft kann weiterhin davon ausgehen, dass mit jedem Generationswechsel eines PCs der eigene Browser weiterhin gute Chancen hat wieder ins Spiel zu kommen.
Chrome auf (fast) allen Plattformen
Für Google bedeutet dies – trotz der immer wiederholten Aussage es ginge gar nicht primär darum Chromes Marktanteil zu steigen, sondern um die allgemeine Verbesserung der verschiedenen Webbrowser – auch langfristig die Notwendigkeit Chrome immer wieder auf neue Rechner bringen zu müssen. Wichtig hierfür ist die Schaffung einer Bindung der Benutzer an den Browser, die stärker ist als die Bindung an das jeweilige Betriebssystem bzw. den konkreten Rechner.
Schon auf dem PC ist es mit Chrome seit langer Zeit möglich Browserinstanzen auf verschiedenen Geräten so stark zu synchronisieren, dass ein Wechsel von Rechner zu Rechner kaum noch stört. Inzwischen hat Google auch für Android eine Chrome Version herausgebracht, die noch weitergehende Synchronisierungen bis hin zu den geöffneten Tabs ermöglicht.
Letztlich führt auch dieser Ansatz zusammen mit der Verfügbarkeit von Chrome für Windows, MacOS und Linux dazu den jeweils verwendeten Rechner unwesentlich werden zu lassen, ähnlich wie ChromeOS. Für den eingeschworenen Chrome Nutzer ist daher der erste Schritt bei der Inbetriebnahme eines neuen Rechners die Installation und Synchronisation von Chrome.
Wenn es Google gelingt diese Bindung an den Browser noch weiter zu stärken ist der Marktanteil von Chrome möglicherweise in Zukunft nicht mehr so anfällig für Generationswechsel bei Rechnern.
Die Macht das Internet zu ändern
Mit dem wachsenden Marktanteil von Chrome hat Google heute eine vermutlich zuvor nie dagewesene Gestaltungsmacht über das Internet bekommen: Nicht nur betreibt das Unternehmen einige der wichtigsten Internetdienste der Welt, hat vermutlich die mit Abstand größte Zahl von Internetservern in Betrieb und verantwortet wesentliche Anteile des weltweiten Internetverkehrs, durch Chrome haben sie nun auch die Clientseite der Internetnutzung unter ihrer Kontrolle.
Diese Konstellation ermöglicht es Google als wohl erstem Anbieter überhaupt die grundlegenden Internetprotokolle und –standards weiterzuentwickeln. Ein Beispiel ist das SPDY Protokoll, welches HTTP ersetzen bzw. verbessern soll. Google konnte dieses neue Protokoll vergleichsweise schnell zu einer so hohen Reife bringen, dass es inzwischen zur Standardisierung eingereicht wurde. Der dazu notwendige Nachweis einer perfekten Funktionsweise mit echten Vorteilen konnte nur durch die Reifung im Zusammenspiel von Implementierungen auf Googles Servern und Googles Chrome Browser erfolgen.
Ein weiteres Beispiel wird möglicherweise die neue Programmiersprache DART sein. Google möchte diese Sprache als Nachfolger bzw. bessere Alternative zu Javascript positionieren. Noch ist DART nicht im Browser lauffähig, aber auch hier wird die Reifungsphase durch Implementierungen in Chrome und erste Nutzungen in Googles Diensten erfolgen. Durch die riesigen Nutzerzahlen kann Google hier zum einen schnell lernen und optimieren, auf der anderen Seite auch Druck auf andere Anbieter ausüben – direkt oder indirekt.
Da Google seine Vorhaben als Opensource Projekte durchführt und wie im Fall von SPDY versucht nach den Entwicklung zu standardisieren kann man diese Entwicklungen heute wohl uneingeschränkt positiv sehen.
Firefox
Für Mozillas Firefox Browser ging es seit der vorherigen Betrachtung zunächst weiterhin bergab, erst in den letzten beiden Monaten gab es so etwas wie eine Konsolidierung. Allerdings ist der Abstand zu Chrome inzwischen auf fast sechs Prozentpunkte angewachsen. Trotzdem könnte es Anzeichen für eine Trendwende sehen wenn man sich die Statistik für Afrika ansieht:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Auch in Ländern wie Indien geht es anscheinend wieder bergauf:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Market Share
Insgesamt darf man daher hoffen, dass Firefox noch nicht vor dem unmittelbaren Ende steht.
Der Google Weg
Ein Grund für die Stabilisierung ist vielleicht das Lernen von Chrome: Firefox ist inzwischen in einem etablierten schnellen Updatezyklus angekommen, der ungefähr so rasch ist wie der von Chrome, und die Verbesserungen am Browser nun viel schneller zu den Benutzern bringt. Bald soll auch der letzte Schritt vollzogen und auf stille Updates umgestellt werden.
Allerdings schleppt Firefox immer noch einen Anteil von Benutzern der Version 3.6 mit sich herum (heute ca. 3 Prozentpunkte im gesamten Firefox Anteil), die sich den schnellen Updates verschlossen haben. Die Mozilla Corporation muss hier den Spagat erbringen auf der einen Seite bei der Entwicklungsgeschwindigkeit mit Google mithalten zu wollen und auf der anderen Seite insbesondere die Unternehmensanwender bei der Stange zu halten, für die Updates Arbeit bedeuten. Dies scheint noch nicht vollständig gelungen zu sein, aber man ist offenbar auf dem Weg.
Auch bei den Browserfunktionen orientiert man sich an Google: So soll Firefox nun auch eine Seite für Webanwendungen erhalten, die ähnlich wie der Chrome Web Store funktionieren wird, die Synchronisierungsfunktion wird erweitert um auch Addons mitzunehmen und das SPDY Protokoll soll integriert werden.
Der Google Geldsegen
Große Diskussionen gab es im Netz zum Dezember 2011 hin, als das vorherige Finanzierungsabkommen zwischen Google und Mozilla auslief. Für Mozilla war dies eine Zukunftsfrage, kommen doch die allermeisten Einnahmen bisher von Google. Einige in den konventionellen Bahnen des Konkurrenzdenkens gefangene Blogger sagten voraus, dass Google Mozilla jetzt fallen lassen würde um sich ‘eines Konkurrenten’ zu entledigen. Das Ergebnis war dann aber gänzlich anders:
Nicht nur verlängerten Google und Mozilla die Kooperation um 3 Jahre, die von Google gezahlten Summen sind offenbar auch noch um ein Vielfaches gestiegen. Offenbar erreichen die Zahlungen in den drei Jahren fast die Summe von einer Milliarde Dollar. Auch wenn diese Zahlen weder von Mozilla noch von Google bestätigt wurden wird allgemein davon ausgegangen, dass sie stimmen.
Damit hat Mozilla nun für die kommenden Jahre ein sehr großzügiges Finanzpolster, welches es ihnen nicht nur ermöglicht ihre bekannten Produkte wie den Firefox Browser weiterzuentwickeln, sondern auch innovative Projekt wie die mobile Boot2Gecko Plattform zu beginnen.
Internet Explorer
Für Microsoft bietet die StatCounter Statistik weiterhin keinen großen Grund zur Freude. Am besten dürfte ihnen noch der Verlauf der Browserversionen in Japan gefallen:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Version Market Share
Hier sieht man den IE 9, der kurz davor ist seinen Vorgänger IE 8 als meistverwendete Browserversion abzulösen. Ganz grundsätzlich scheint sich der Marktanteil des IE in den Industrieländern besser zu entwickeln, da dort der Wechsel zu auf neue PCs mit Windows 7 schnell voranschreitet. Microsoft nennen dementsprechend auch als einzige für sie relevante Statistik den Marktanteil des IE 9 auf Windows 7.
Allerdings ist der IE 9 heute auch bereits mehr als ein Jahr alt. In technischer Hinsicht gibt es eigentlich keine Gründe ihn dem Chrome oder Firefox Browser vorzuziehen, die in der Zwischenzeit bereits wieder große Fortschritte gemacht haben. Spannend wird es sein zu sehen, ob sich der Aufwärtstrend des IE in der NetMarketShare Statistik fortsetzen wird oder umgekehrt, ob der Abstieg in den StatCounter Statistiken endet. Falls nicht, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass der IE bei StatCounter bald seine Position als ewiger Erster abgeben muss.
Safari
Schaut man sich die Verteilung der Browserversionen für den Monat März an, so sieht man dort auch den iPad Safari, der inzwischen einen Anteil von 1,89% weltweit erreicht hat:
Source: StatCounter Global Stats - Browser Version Market Share
Damit hat er den Opera Browser überrundet, obwohl dieser in einigen Ländern sehr intensiv verwendet wird. Dies zeigt die Macht der Tablet Computer, die in den kommenden Jahre eine der wesentlichen Kräfte bei der Formung des Internets sein werden.
Der Desktop Safari hat sich nicht deutlich weiterentwickelt, auch wenn um die Weihnachtszeit ein kleiner Anstieg sichtbar war. Erstaunlich ist immer wieder, dass Chrome einen so rasanten Aufstieg hingelegt hat, während Safari – von dem Chrome einen Teil seiner technischen Basis übernommen hat – mehr oder weniger auf die Apple Rechner beschränkt geblieben ist.
Fazit
Als wesentliche Fazits kann man wohl diese ziehen: Der Wettlauf der Browserhersteller ist offenbar noch lange nicht an seinem Ende angekommen und die Frage was wirklich ‘da draußen’ bei den Nutzern geschieht ist schwerer zu beurteilen als je zuvor. Zwei Aspekte der sich verändernden Browserlandschaft sind aber denke ich besonders bemerkenswert:
Der Aufstieg der Webkit Browser
Die auf Apples Webkit basierenden Browser sind die neue Macht, gerade in Bereich der mobilen Nutzung. Da sowohl der Safari Browser auf iPhone und iPad wie auch der Android Browser auf Webkit beruhen ist hier ein Quasistandard entstanden. Dieser Quasistandard kann über Frameworks für die Entwicklung von Webanwendungen, die zunächst auf die mobilen Plattformen zugeschnitten waren, über kurz oder lang auch Rückwirkungen auf die Desktop Browser haben. Analog zu Apples Weigerung Flash auf seinen Mobilgeräten anzubieten, was zu einer allmählichen Ablösung von Flash auch bei Desktopversionen von Webseiten führt.
Der Aufstieg der Browser mit schnellem Updatezyklus
Mit Chrome und Firefox gibt es jetzt zwei Webbrowser mit sehr schnellem Updatezyklus. Je nach Statistik vereinigen diese beiden Browser von knapp unter 40% bis über 50% der Webnutzung. Damit sind sie eine wesentliche Einflussgröße geworden über die sich Änderungen an den wesentlichen Internetstandards tatsächlich in Zukunft einfacher lassen durchsetzen dürften als dies in den Zeiten des Microsoft Monopols der Fall war.
Zumindest können diese beiden Browseranbieter neue Standards viel schneller reifen und damit für die Standardisierung bereit werden lassen als dies früher der Fall war. Man kann als annehmen, dass dem Web heute weniger die Gefahr einer Versteinerung in veralteten Formaten und Protokollen droht als früher.
Links
- ‘Frequently Asked Questions’ bei StatCounter
- ‘Net Market Share Frequently Asked Questions’
- ‘Understanding Browser Usage Share Data’ im Microsoft Blog Exploring IE vom18.03.2012
- ‘Prerendering in Chrome’ Meldung im Chromium Blog vom 14.06.2011
- ‘Prerendering in Chrome’ Seite bei NetMarketShare
- ‘PCs unter Microsoft Windows – für Privatanwender’ – BSI Empfehlungen vom 01.02.2012
- ‘Internet Users’ im CIA World Factbook
- ‘Chrome overtakes Firefox globally for the first time’, ‘Chrome 15 becomes world most popular browser’, ‘Chrome is world’s number one for a day’ im StatCounter Blog
- ‘Secretary Cliton announces State Department use of Chrome’ im Google Enterprise Blog
- ‘Mozilla und Google sign new agreement for default search in Firefox’ im Mozilla Blog vom 20.12.2011
- ‘Google Will Pay Mozilla Almost $300M Per Year in Search Deal, Besting Microsoft and Yahoo’ im Allthing Digital Blog vom 22.12.2011